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Ablenkung

Um mich abzulenken von einem gewissen Mann der leider noch viel zu nahe wohnt, habe ich mir überlegt, dieser wundervollen Gesellschaft ein bisschen was zurückzugeben. Beim Schreiben dieses Satzes fällt mir die Ironie durchaus auf. Ehrlich, es könnte mir durchaus schlechter gehen und ich sollte aufhören zynisch darüber nachzudenken, wie ich alleine mit meinen vierzig Katzen in einer 30m² Wohnung sterben werde.

Meine Mutter engagiert sich seit Jahren ehrenamtlich in einem Altersheim. Sie kocht, hilft bei Fahrten zum Arzt und beschäftigt sich ganz allgemein mit den älteren Damen und Herren. Da sie mir seit einer gefühlten Ewigkeit mitteilt, dass ich mich auch mal ein bisschen mehr engagieren soll, schließlich tut meine formvollendete Schwester dies auch, habe ich mich entschlossen, ihrem Rat nachzugehen. Ich habe mich also im Internet schlau gemacht und siehe da, praktisch bei mir um die Ecke sucht ein Altersheim immer ehrenamtlich Helfer. Alte Menschen liegen mir gut. Die sind immer froh wenn sie mit jemandem reden können. Außerdem haben sie Lebenserfahrung von der ich nur profitieren kann. Klingt also wunderbaren Zuhörern für die Geschichte meines vermurksten Lebens.

Wie das immer so ist, wenn man sich denkt, dass man von Männern eigentlich nichts mehr hören und sehen will in den nächsten Wochen und Monaten, lief mir schon beim Betreten des Heims der erste gutaussehende Pfleger über den Weg. Ich denke so lässt sich ehrenamtliche Hilfe auf jeden Fall gut aushalten.

Ich wurde also eingewiesen, leider nicht von ihm, und sollte erst einmal ein paar Stunden probemäßig arbeiten. Die meisten Helfer hören schon nach dem ersten Tag auf, spätestens wenn sie merken, dass Menschen hier auch sterben. Mit dem Tod will sich keiner freiwillig auseinandersetzen. Ich habe mir noch nie Gedanken dazu gemacht, empfand die Vorstellung aber als weniger schlimm. Ist ja schließlich nur ein kalter Mensch. Solange ich keine abgehakten Körperteile sehen muss, ist alles in Ordnung.

Es war ein durchaus befriedigender Tag. Wer hätte gedacht, dass Gutes tun auch noch Spaß machen kann. Meinen sexy Pfleger habe ich leider nicht wieder gesehen, aber immerhin habe ich dann nur noch einen Grund mehr wieder zurückzukommen.

Auf dem Weg nach Hause bin ich dann auch noch Mr. K über den Weg gelaufen. Bzw. habe ich mich ganz unauffällig hinter einem Baum versteckt, sodass er mich von der anderen Straßenseite nicht sehen konnte. Allerdings fragte ich mich schnell, was für einen Quatsch ich da eigentlich machte und ging normal weiter. Da war er aber auch schon wieder weg. Was mich leider sehr betrübte. Was natürlich wiederum ein super Zeichen, bezüglich meiner emotionalen Fähigkeit über Menschen hinwegzukommen, ist.

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