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Man bin ich alt

Es ist passiert. Auf dem Weg zur Arbeit, saß ich morgens wie immer in der Bahn. Umringt von Schulkindern, deren Alter irgendwo zwischen 10 und 20 lag. So wirklich sehe ich da keinen Unterschied mehr. Die zehnjährigen schminken sich und die 20-jährigen haben gefühlt schon die erste Midlifecrisis hinter sich, weil sie noch so gar keine Berufserfahrung haben. Wie soll man denn da irgendwann mal den super tollen Traumjob bekommen?

Im Normalfall bin ich auf meiner 20-minütigen Bahnfahrt wenig empfänglich für äußere Einflüsse und vergrabe mein Gesicht lieber in Lesematerialien, an diesem Morgen aber, haben die Mädels so laut gekichert, dass ich nicht umher kam, meine Aufmerksamkeit von lesen auf zuhören zu verschieben. Es ging, wie scheinbar immer bei jungen Frauen, um Männer. Oder besser vielleicht Jungs. Wer gerade toll war, wer voll in ist und wer genauso aussieht wie (hier bitte Namen eines „Stars“ einsetzen).

Und dann ist etwas in meinem kleinen Kopf passiert: Ich habe bemerkt, wie alt ich bin. Kein einziger dieser „Stars“ mit dem die Mädels, die Jungs ihrer Schule verglichen, kam mir bekannt vor. Ein schwerer Schicksalsschlag, der nur noch davon getrumpft werden konnte, dass irgendwann der Name Beckham fiel und ich schon erleichtert aufatmete, als ich feststellte, dass es sich wohl nicht um Senior Beckham, sondern um Junior Beckham handelt. Es ist soweit: Ich bin in der Generation der Eltern angelangt!

Aber zurück zu wichtigeren Dingen, als meinem bevorstehenden Tod. Männer.

Johanna rief mich letzte Woche an, wie es denn so mit Clemens laufen würde, schließlich hatte er sie ja nach dem super Date nach meiner Nummer gefragt. Ich hatte nicht wirklich eine Antwort darauf. Es lief einfach komisch. Wenn wir uns sehen läuft alles wunderbar. Tolle Unterhaltungen, gleiche Wellenlänge, ständig was zu lachen, kleine Neckereien, körperliche Anziehung definitiv vorhanden. Irgendwie versacke ich jedes Mal stundenlang in seiner Wohnung, wenn wir uns sehen, was eben hauptsächlich mit dieser körperlichen Anziehung zu tun hat. Und dann gehen wir wieder unserer Wege und zack, höre ich zwei Tage gar nichts von ihm.

Da ich auf solche Kindergartenspielereien keine Lust habe, gebe ich mich voll und ganz der ganzen Kommunikationssperre hin. So haben wir dann tagelang gar keinen Kontakt, bis er mich anruft oder einfach mal wieder vor meiner Wohnungstür steht. Ich denke mir, dass Männer wohl kaum so kompliziert denken, wie Frauen und seine Kommunikation anders aussehen würde, hätte er tatsächliches Interesse.

Bevor ich mich zusammenreißen kann, erzähle ich dies Johanna. Aber Johanna hat Rat, bzw. Erklärungen. Die Trennung von seiner Ex hat ihm wohl sehr zugesetzt. So sehr, dass ich nach einem Jahr Singleleben die erste Frau bin, die er wieder annähernd an sich ran lässt. Sie meint, dass er einfach ein bisschen Zeit braucht. Langsam eben. Frage mich, wie langsam es noch werden kann und vor allem, wann es für mich zu langsam ist?!

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