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Begegnung mit dem Ex

In dieser Verfassung wollte ich niemandem über den Weg laufen und ließ mich deshalb kurzerhand krank schreiben. Wie gerne man doch bei einer vorgetäuschten Krankheit die Worte: “Ach, sie sehen aber auch wirklich schlimm aus!” hört, kann ich gar nicht genug betonen.
So ließ ich mein sinnloses Leben bei Schokolade und Pizza auf der Couch an mir vorbei ziehen.  Irgendwann gingen mir aber die Lieferdienste aus (konnte ja nicht täglich bei dem Gleichen bestellen, wie peinlich wäre das denn?), und so musste ich wohl oder übel die Wohnung auf der Suche nach Nahrung verlassen.

Mit fettigen Haaren, in Jogginghose und im Pulli vom Ex-Freund, den ich einfach nicht wegwerfen konnte, stand ich zehn Minuten später in einem Asia-Imbiss. Zwischen Bestellung und “Essen-mit-nach-Hause-nehmen-können” vergingen gefühlte fünf Stunden. Mein Wunsch mich wieder aufs Sofa verkrümeln zu können wurde immer größer. Und dann passierte es. Ich fürchtete mich seit einiger Zeit davor, jedesmal wenn ich die Straße betrat. Da waren sie. Hand in Hand, glücklich lachend und sich gegenseitig mit Liebkosungen überhäufend.
Julia und “ER”, Martin.

Gesehen hatten die beiden mich noch nicht, aber das war nur eine Frage der Zeit, denn sie steuerten geradewegs auf den Imbiss zu. Im Kopf ging ich ziemlich schnell meine Optionen durch:
a) auf dem Klo verstecken
b) rausrennen und so tun, als ob ich die beiden nicht gesehen hätte
c) Martin um den Hals fallen und so tun, als hätte ich keine Ahnung was eigentlich abgeht

Mir erschien alles doof, also musste ich mich der Situation wohl einfach stellen.
Als die beiden vor mir standen, platzte irgendetwas in mir. Ich war so wütend wie noch nie in meinem Leben. Nicht nur auf Martin dafür, dass er ein feiger Wurm war, sondern, und vor allem, auf Julia, die für eine so lange Zeit meine beste Freundin war und mich ohne mit der Wimper zu zucken so hintergehen konnte. Ich wollte cool wirken, allerdings war das fast unmöglich, wenn man noch den Pulli des Ex-Freundes trug.

“Jenna”, kam es überrascht von Julia, “ es tut mir so leid, wie das alles gelaufen ist!”
“ Es tut dir leid? Ich habe dir mehr als jedem anderen vertraut und dir tut es leid? Du bist wirklich der letzte Mensch, den ich je wiedersehen will!” sprudelte es aus mir heraus. “Nein warte, der letzte Mensch, den ich wiedersehen will, bist du Martin. Hol dir deine Sachen ja ab, wenn ich nicht da bin. Ich muss los. Genießt euer Essen. Ich hoffe, ihr erstickt dran!”

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