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Heimfahrt

Manchmal passieren mir aber auch skurrile Geschichten. Vorgestern habe ich die Weihnachtsheimfahrt angetreten. Nach erlösender Freude, dass der Familien Overkill nun endlich vorbei war, bestieg ich den Zug frohen Mutes. Klug wie ich bin habe ich mir natürlich einen Sitzplatz reserviert. Vier Stunden Zugfahrt stehen tut, obwohl gut trainiert, meinem Hintern gar nicht gut. Wie es dann so ist, saß natürlich schon jemand auf meinem Sitzplatz. Weihnachtsstimmung und Nächstenliebe-Bla-Bla hin oder her, er musste weichen. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch: Schade! Sieht ganz ordentlich aus der junge Mann.

Eine Station weiter stieg dann die ältere Dame, die bis dato noch neben mir saß aus, und tada da stand der junge Mann wieder neben mir und fragte ganz höflich, ob er sich denn jetzt neben mich setzen dürfte. Aber sicher, du hübsches Stückchen Fleisch!!!!

Aber wie ich mein Leben kenne, konnte besagtes Stückchen ja nicht einfach ein nettes Stückchen sein und mir ein wenig die Zugfahrt versüßen. Nein…!!! Im Gegenteil: Seine Freundin hatte ihn gerade verlassen und die nächsten drei Stunden und 36 Minuten hatte ich ein kleines, weinendes Häufchen Elend neben mir, dass einfach nicht verstehen konnte, warum, ja warum sie ihn bloß verlassen hat. Ich hatte die Antwort schon nach drei Minuten gefunden, brachte es dann aber doch nicht übers Herz ihm mitzuteilen, dass er eine flennende Heulsuse ist, die ganz dringend ein bisschen mehr Männlichkeit an den Tag legen sollte. Denn nicht nur die Trennung machte ihm schwer zu schaffen, das Leben im allgemeinen war einfach gegen ihn. Uni-Dozenten, keine Zukunftspläne, keine wahren Freunde, nur Mama war für ihn da und dann auch noch die Tragödie mit seinem Hund. Der ist nämlich vor zwei Wochen vom Zug überfahren worden. Ich persönlich tippe auf Selbstmord nur um sein Geweine nicht mehr ertragen zu müssen!

Nun gut, zumindest war ich unglaublich froh, als ich endlich raus musste und er sitzen blieb.

Thank you for travelling with deutsche Bahn!

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