Überspringen zu Hauptinhalt

Zeit

Das Date des Wochenendes war schnell geplant, schließlich hat es auf heimischen Terrain stattgefunden. Eine kleine Stadtführung nachmittags, abends ein Restaurantbesuch und danach Nachtflohmarkt. Locker, ungezwungen mit Bier und Musik. Und dann die Frage: Ist es Zeit für eine übernachtungsparty? Auf der Couch mit einer komatös betrunkenen Frau im Raum nebenan zu schlafen, zählt nicht. Deswegen stelle ich mir die Frage, wie ich unauffällig schon mal eine zweite Decke und Kissen beziehen kann, ohne, dass es gleich aufdringlich wird.

Früh genug fällt mir dann zum Glück ein, dass Jasmin meine Wohnung ja noch nie gesehen hat und daher gar nicht weiß, dass ich im Normalfall nur ein Set im Bett liegen habe. Ich möchte mir ja nicht jeden Abend von neuem klarmachen, dass da niemand ist, der in mein Bett steigt.

Beim Beziehen der Bettwäsche fällt mir auf, dass ich am vorigen Wochenende Decke und Kissen auch einfach von ihrem Bett genommen habe (als ich es endlich geschafft hatte, ihren nahezu leblosen Körper davon herunter zu rollen). Stellt sich die Frage, ob Decke und Co. sonst auch IMMER dort liegen, oder ob sie wohl das gleiche Gedankenspiel hatte, wie ich zu diesem Zeitpunkt. Ich nehme mir vor, sie irgendwann danach zu fragen.

Fakt ist, dass es langsam Zeit wird, diese „Beziehung“ zu vertiefen. Zumindest sehe ich dies so. Die „zehn-Dates-und-danach-mal-sehen“ Nummer ist wohl ohnehin längst hinfällig. Ich habe nicht einmal mitgezählt, welches Date dies nun ist.

Essen, Trinken, Flohmarkt. Alles wunderbar. Jasmin scheint in jedem Fall viel Freude an Flohmärkten zu haben. Ich wiederum bin da wohl eher der, der sich über Bier und Musik freut, was hauptsächlich an einer hohen Kleidungsauslastung liegt. Platten und Bücher können mich eher zum Stöbern verführen, als Kleider und Handtaschen.

Irgendwann gegen 23 Uhr merkt Jasmin dann an, dass es wohl für sie langsam Zeit wird, den Heimweg anzutreten. Ist ja schließlich noch eine lange Fahrt. Mit einem energischen „Nein“ und dem Vorschlag lieber noch ein wenig zu trinken, geht es in die nächste Lokalität. Kommentarlos bekommt sie ein Bier und erhebt prompt Einspruch. Sie müsse ja schließlich noch fahren. Ich versichere ihr, dass ich die mit Abstand bequemste Couch der Welt habe (Lüge!) und erinnere sie daran, dass sie mir schließlich noch einmal „betrunken nach Hause bringen“ schuldet. Sie kann immer noch herzlich über sich selbst lachen und willigt ein. Viel überredungskunst war da nun wirklich nicht gefragt, ein beruhigender Gedanke.

Wir reden zum ersten Mal, seit wir uns kennengelernt haben, genauso miteinander von Angesicht zu Angesicht, wie es sonst nur per Telefon passiert. Ein Meilenstein sozusagen. Die Zeit verfliegt und uns fällt erst auf, wie spät es ist, als der Mann hinter der Bar uns mitteilt, dass sie nun schließen. Fünf Uhr morgens. So langsam kann man die Sonne erahnen. Wir entschließen uns zu einer halben Stunde Fußmarsch nach Hause. Eigentlich bin ich gar kein Fan vom nach Hause kommen, bei Helligkeit. Man befindet sich in so einer Zwischenwelt: gehe ich schlafen? Bleibe ich wach? Frühstück? Oder Pizza? Alles zu verwirrend für mich.

Als Gentleman der ersten Stunde reiche ich Jasmin dann sogar noch eine Zahnbürste und ein T-Shirt zum Schlafen. Sie lehnt beides ab und zaubert eigene Utensilien aus ihrer Handtasche hervor. Sie meint, dass sie nicht wirklich mit einer Heimreise gerechnet hat. Ich kann nur lachen und beschließe die Natürlichkeit der Situation zu meinem Vorteil zu nutzen.

„Ich warte im Bett“

Das teile ich ihr noch mit, bevor ich einfach gehe und mich ins Bett fallen lasse. Und siehe da, fünf Minuten später kommt sie zu mir.

An den Anfang scrollen