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Super-Date

Beeindruckend sein liegt nicht in meiner Natur. Ich glaube ich habe dies schon einmal betont, aber ich würde mich grundlegend eher als Durchschnittstyp bezeichnen, der hin und wieder, insbesondere kognitiv zu Höchstleistungen aufläuft. Deshalb habe ich auch früher nie die Frauen bekommen. Schon in der Schule zeigt sich, dass viele Frauen leider kein Interesse an dem blassen Typ haben, dessen Mutter noch bis zu seinem 15. Lebensjahr seine Klamotten ausgesucht hat. Tja, zu meiner Schande war ich eben genau dieser Typ. Wenig verwunderlich, dass ich in  der ganzen Beziehungskiste ein Spätzünder war. Irgendwann hat es ja erfreulicherweise dann doch geklappt, was aber nicht bedeutet, dass ich heute weiß, wie man eine Frau von sich als Mann überzeugt.

Und genau damit kommen wir zu meinem Problem. Um genau zu sein eigentlich zu zwei Problemen. Es geht nicht nur darum, dass ich nicht weiß wie, sondern auch, dass ich nur bis zu einem gewissen Punkt gewillt bin, mich zum Affen zu machen. Kleine Beweise der Zuneigung schön und gut, aber für große romantische Gesten bin ich der falsche Typ.

Dennoch eine kleine Entschuldigung musste sein, oder eher konnte wohl nicht schaden. Also setzte ich den Denk-Hut auf. Bildlich gesprochen. Das einzige, was mir wirklich einfiel, was eine nette Geste war und ihr entgegen kommen würde (im wahrsten Sinne), war ein Date bei ihr. Sie könnte sich das Fahren sparen, sie könnte trinken, mir vielleicht ein wenig ihre Welt zeigen. Das bedeutete zwar fast vier Stunden Autofahrt für mich, aber damit konnte ich leben. Gut sogar.

Zuerst war die überlegung da, eine überraschung daraus zu machen, im Sinne von: „Halt dir dann und dann frei und ich werde dich früh genug informieren, was wir tun.“ Schöne Idee in der Theorie, in der Praxis fiel mir schnell auf, dass ich keine Ahnung hatte, wo genau Jasmin wohnt. Irgendwie nur halb so cool anzurufen und zu sagen: „Ich steh am Bahnhof, hol mich doch mal ab, ich weiß nicht wo du wohnst!“ Und vorher unauffällig nach einer Adresse zu fragen, kam mir noch bescheuerter vor. Also Variante „vor-vollendete-Tatsachen-stellen“. Wir treffen uns bei dir!

Soweit, so gut. Die Freude war da. Ich gab ihr noch schnell ein paar Pläne, was ich so vorhatte. Bei Bedarf und besserer Ortskenntnis, könnte sie diese ja noch modellieren. Angekommen konnte ich nur noch den klinischen Tod meines Plans feststellen. Nichts auf der Date-To-Do-Liste war noch meine Idee. Aber damit konnte ich gut leben, denn so lastet natürlich auch der Druck nicht auf mir.

Es sollte auf jeden Fall ein interessanter Abend werden. Eine sehr schöne Stadtführung, gutes Essen und ein Ausflug in die lokale Cocktailbar. Ich, als verantwortungsvoller Autofahrer, konnte natürlich nichts trinken. Jasmin konnte mit der Vorstellung alleine zu trinken zuerst gar nichts anfangen. Meine überzeugungskünste waren aber von feinster Qualität.

Im Normalfall kann ich Situationen, in denen ich nüchtern bleiben muss und alle anderen sich betrinken dürfen, rein gar nichts abgewinnen. In diesem Fall, war ich nach Cocktail Nummer zwei unfassbar erheitert. Sie plapperte ohne Punkt und Komma, bis zu einem Punkt, an dem sie wohl nüchtern nicht angekommen wäre. Dazu zählten Geschichten vergangener Beziehungen, Zukunftsvorstellungen und eine Dankesrede, wie toll sie es fände, dass ich den ganzen Weg hier hin gefahren bin.

Als ihre klare Artikulationsfähigkeit langsam aber sicher aussetzte, befand ich es für Zeit nach Hause zu gehen. Zu meiner großen überraschung stellte sich neben verminderter Sprachfähigkeit auch eine völlig verminderte Gehfähigkeit ein. Als wir es endlich zu ihrer Wohnung geschafft hatten, wollte ich sie nur sicher bis zur Tür bringen, als Jasmin mich mit viel zu großen Augen ansah und fragte,, ob ich nicht einfach hier bleiben wolle. Der Weg nach Hause ist ja viel zu lang. Recht hatte sie, aber ob das nun der perfekte Moment für eine erste gemeinsame Nacht war? Zu spät, meine Beine waren schneller als mein Hirn und ich war schon in ihrer Wohnung.

Zu meiner großen überraschung machte Jasmin sich schnurstracks in (was ich vermutete) ihr Schlafzimmer. Etwas unentschlossen, ob ich nun folgen sollte, entschloss ich mich zu einer kurzen Wohnungsbesichtigung. Ein paar Minuten später kam ich dann im Schlafzimmer an und konnte Jasmin nur noch schnarchend, halb auf dem Bett liegend und noch voll angezogen vorfinden. Als wahrer Gentleman musste natürlich zu allererst ein Foto gemacht werden. Eignet sich mit Sicherheit bestens als Postkarte, naja vielleicht verstaut in einem Briefumschlag. Ich schlug mein Nachtlager letztlich auf der Couch auf. Das wird ein wunderbarer Kater, den ich mir am nächsten Morgen keinesfalls entgehen lassen wollte.

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