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Ein Date und eine Nichte

über Wochen hinweg habe ich auf dieses Date hingefiebert. Wir haben fast jeden Tag telefoniert, mindestens aber waren wir jeden Tag in Kontakt. Die Stunden am Telefon vergingen jedes Mal viel zu schnell. Meine Telefonrechnung war astronomisch, aber ich konnte sehr gut damit leben, schließlich war ich der festen überzeugung, dass ich endlich einen Volltreffer gelandet hatte.

Und dann kam das Date. Gut, ich war nervös, aber sie nicht minder. Wir wollten es locker angehen, nicht zu viel Druck mit Essen und Co. Also trafen wir uns schon am Nachmittag um einen Kaffee zu trinken und etwas spazieren zu gehen. Bewegung finde ich immer gut bei einem ersten Date, man sitzt nicht so auf heißen Kohlen und weiß einfach nicht wohin mit seinen Blicken.

Wir trafen uns und setzten uns erstmal in ein Café. Ich war überaus erleichtert, dass Jasmin genauso aussah wie auf ihren Fotos. Nichts hin- oder weggeschummelt. Trotz meiner Erleichterung und der anhaltenden Vorfreude (oder gerade deswegen), war die ganze Situation völlig angespannt. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, sie genauso wenig. Es war einfach ein zusammenstammeln von Worten, die keine tiefere Bedeutung hatten. Furchtbar.

Ich schlug schnellstmöglich vor nach draußen in die Sonne zu gehen. Wir liefen also ziemlich blind durch die Gegend, was sich daraus ergab, dass keiner sich wirklich auskannte. Da wir ca. 200 Kilometer auseinander wohnen, haben wir es für am sinnvollsten erachten, sich auf der Mitte irgendwo zu treffen. Fazit aus der Sache, keine kennt sich aus.

Viel schlimmer allerdings und das ist mir erst im Laufe des Dates wirklich aufgefallen, man kann nicht trinken. Nicht, dass ich es immer für notwendig halte, sich bei einem Date zu betrinken, allerdings lockerte ein Drink manchmal erheblich die Stimmung. Und das hätten wir dringend nötig gehabt. Wie gesagt wir redet über dies und jenes, meist eher belanglos und immer wieder lange Schweigemomente. Ich weiß einfach nicht woran es lag. Vielleicht hatten wir uns schon alles gesagt, vielleicht war es auch einfach der Druck des ersten Treffens. Aber es war einfach keine schöne Stimmung. Eher im Gegenteil. Auch Bewegung und die Tatsache, dass wir uns nicht komisch anstarrten konnten nicht helfen.

Im erwarteten Normalfall hätte ich mich wohl zu Tode geärgert, dass meine Schwester ihr Kind genau an diesem Samstagnachmittag bekommen hat, in diesem Fall, war ich heilfroh eine Ausrede zu haben um das Date zu beenden. Jasmin war sehr verständnisvoll und absolut der Meinung, dass ich unbedingt hinfahren müsste um meine Nichte zu sehen. Ich denke sie war fast ein wenig erleichtert, das Date hinter sich gebracht zu haben.

Ich bin also schnelle 300 Kilometer zu meiner Schwester gefahren und habe dabei festgestellt, dass mir die Fahrerei schon nach einem Date und einer Geburt auf die Nerven geht. Kein gutes Zeichen für eine eventuelle Beziehung über 200 Kilometer Entfernung.

Angekommen habe ich Jasmin ein Foto von meiner Nichte geschickt und gesagt, dass ich gut angekommen bin. Ich konnte nicht lügen und sagen, dass ich eine gute Zeit hatte. Zurück kam ein: „Ach wie süß!“. Ich schätze sie konnte genauso wenig lügen wie ich.

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